
Habe ich PMS oder Depressionen?
Autorin: Eva Bauer, Ärztin
Keine einfache Frage, denn die Symptome können sich überschneiden. Viele Frauen mit PMS leiden unter depressiven Verstimmungen und Antriebslosigkeit, ähnlich einer Depression. Doch es gibt auch Unterschiede. Welche, erfahren Sie hier.
Lesedauer: 7 Minuten
PMS / PMDS vs. Depression – Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
Was spricht für PMS/PMDS?
- Beschwerden treten regelmäßig vor der Periode auf
- Symptome verschwinden mit Beginn der Blutung
- Typisch: Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Traurigkeit, Erschöpfung
- Bei PMDS: starke psychische Belastung, Alltag kaum mehr zu bewältigen
- nur während der fruchtbaren Lebensphase
Was spricht eher für eine Depression?
- Beschwerden bestehen unabhängig vom Zyklus
- Symptome dauern Wochen bis Monate an
- Typisch: Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Freudlosigkeit, sozialer Rückzug
- kann in jedem Alter auftreten
Was spricht für PMS?
Fangen wir mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS) an. Es kann mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Symptomen einhergehen, und zwar sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene. Kennzeichnend ist, dass das Auftreten der Beschwerden an die Regelblutung gekoppelt ist: Mit Einsetzen der Periode lassen die Symptome nach.
Zu den psychischen Symptomen beim PMS gehören z. B.:
- Stimmungsschwankungen
- Traurigkeit
- Lust- und Interesselosigkeit
- Antriebsschwäche und Schläfrigkeit
- Konzentrationsprobleme
- Angstgefühle
- Nervosität und erhöhte Reizbarkeit
- Aggression und Wut
Mehr zu den psychischen und körperlichen Symptomen bei PMS erfahren Sie hier.
Das kann so weit gehen, dass der Alltag der Frauen in dieser Zeit stark eingeschränkt ist. Auch die sozialen Kontakte können unter den Gefühlswallungen oder durch den Rückzug der Betroffenen leiden. Und genau hier liegt der Übergang zu einer depressiven Erkrankung, der oft auch fließend sein kann.
Ist es noch PMS – oder schon PMDS?
Wenn die psychischen Symptome bei PMS besonders stark und einschränkend sind, spricht man von einer sogenannten prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS), was übersetzt heißt: gedrückte Stimmung (Dysphorie) vor der Periode (prämenstruell).
Was sind Anzeichen für PMDS?
PMDS zählt zu den depressiven Störungen, ist also eine psychische Erkrankung wie die Depression und ähnelt ihr auch in der Symptomatik, ist aber zeitlich an die Regelblutung gebunden. Die depressive Stimmung kann dabei bis hin zur Hoffnungslosigkeit führen, daneben sind ausgeprägte Reizbarkeit oder Wut sowie starke Angstgefühle typisch. Im Grunde sind die Symptome ähnlich wie beim „normalen“ PMS, nur stärker und einschneidender, das heißt, die Betroffenen können ihren Alltag (etwa die Arbeit) nicht mehr bestreiten oder verlieren ihre sozialen Kontakte.
Wie häufig ist PMDS?
PMDS ist deutlich seltener als das prämenstruelle Syndrom. Schätzungsweise 3–8 % der Frauen im gebärfähigen Alter sind davon betroffen, während unter PMS etwa ein Drittel leidet.
PMDS oder Depression? Zeitlicher Verlauf macht den Unterschied
PMDS ist zwar eine depressive Störung, muss aber von einer Depression im klassischen Sinn abgegrenzt werden. Ein entscheidender Unterschied zwischen PMS und PMDS auf der einen Seite und einer „klassischen“ Depression auf der anderen ist der Verlauf.
- PMS und PMDS sind zyklusabhängig, nehmen also in der zweiten Zyklushälfte – meist einige Tage vor der Periode – spürbar zu und bessern sich mit Einsetzen der Regelblutung.
- Depressionen sind zyklusunabhängig, sind also nicht an bestimmte Zeitpunkte im Monatszyklus gebunden.
Mehr zum konkreten zeitlichen Verlauf hier noch einmal zusammengefasst:
Wann treten die Beschwerden bei PMDS auf?
Beschwerden im Rahmen eines prämenstruellen Syndroms treten stets in der zweiten Zyklushälfte, meist einige Tage vor der Menstruation auf und bessern sich mit Einsetzen der Blutung wieder oder klingen ganz ab. Sie sind also typischerweise zyklusabhängig. Das ist auch bei PMDS ein wichtiges Diagnosekriterium: Die Symptome müssen regelmäßig vor der Regelblutung auftreten, mit Einsetzen der Blutung nachlassen und in der Woche danach minimal werden oder ganz verschwinden.
Wann treten die Symptome bei einer Depression auf?
Anders ist der zeitliche Verlauf bei der Depression. Zwar verläuft auch sie typischerweise in Phasen, die allerdings nicht an den Menstruationszyklus gekoppelt sind. Man spricht hier von sogenannten depressiven Episoden. Die durchschnittliche Dauer einer solchen Episode liegt bei 6–8 Monaten. In dieser Zeit leiden die Betroffenen also – mit individuellen Schwankungen – durchgehend unter depressiven Symptomen. Man kann sich vorstellen, was für ein enormer Leidensdruck dahintersteckt und wie beeinträchtigt depressive Menschen durch die Erkrankung sind.
Wie kann ich erkennen, ob meine Symptome wirklich vom Zyklus abhängen?
Wenn Beschwerden regelmäßig einige Tage vor der Periode beginnen und sich mit der Blutung deutlich bessern oder ganz verschwinden, spricht vieles für einen Zusammenhang mit dem Zyklus – wie bei PMS oder PMDS. Um das sicher beurteilen zu können, hilft es, über mehrere Monate hinweg ein Symptomtagebuch zu führen: Notieren Sie Stimmung, Schlaf, körperliche Beschwerden und Zyklustage. So entsteht ein klareres Bild, das auch Ihrem Arzt die Diagnosestellung erleichtert.
Die vielen Gesichter der Depression
Es gibt bei der Depression unterschiedliche Verlaufsformen. Nach einer Episode können die Symptome vollständig abklingen oder in leichterer Ausprägung bestehen bleiben; auf eine Episode kann eine weitere folgen; oder aber die Beschwerden bleiben mehr als 2 Jahre lang anhaltend stark. Dann liegt eine chronifizierte depressive Episode vor. Eine leichtere Form der Depression ist die sogenannte Dysthymie. Die depressiven Symptome sind hier weniger stark ausgeprägt, dafür aber durchgehend vorhanden.
Hintergrundwissen zu PMDS und Depression: Gibt es eine gemeinsame Ursache – und treten sie auch zusammen auf?
Entstehen PMDS und Depressionen durch Serotoninmangel?
Möglicherweise könnte es eine gemeinsame Ursache für die prämenstruelle dysphorische Störung und Depressionen geben, nämlich den Mangel an Serotonin.
Dieser Botenstoff ist u. a. verantwortlich für unsere Stimmung, den Antrieb und die Impulskontrolle. Bei einer Depression ist oft zu wenig davon vorhanden, wobei das nicht die alleinige Erklärung für diese komplexe psychische Erkrankung ist. Aber immerhin wirken Medikamente, die den Serotoninspiegel erhöhen, bei vielen Betroffenen sehr gut.
Das könnte auch für PMDS zutreffen. Denn Forscher haben herausgefunden, dass bei ihnen ebenfalls ein Serotoninmangel vorliegt, allerdings nur vorübergehend in der Zeit vor der Regelblutung. Ob sich daraus Folgen für die Therapie ergeben – dass Frauen mit PMDS etwa nur zeitweise Antidepressiva einnehmen – ist allerdings noch offen und bedarf weiterer Forschung.
Kann ich gleichzeitig unter PMDS und einer Depression leiden?
Ja, das ist durchaus möglich. Manche Frauen leiden unter einer diagnostizierten Depression und stellen zusätzlich zyklusabhängige Verschlechterungen fest – zum Beispiel verstärkte Reizbarkeit oder emotionale Instabilität vor der Periode. In solchen Fällen überlagern sich PMDS und Depression. Die Behandlung muss dann individuell angepasst werden, z. B. durch eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Psychotherapie und ggf. hormoneller Regulation.
Im Zweifelsfall ärztlichen Rat einholen
Zurück zur Eingangsfrage „PMS oder Depressionen?“. Im Grunde gibt es folgende Möglichkeiten:
- Es besteht ein prämenstruelles Syndrom (PMS) mit psychischen Beschwerden.
- Es liegt eine prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) vor, die mit stärkeren Symptomen einhergeht und als eigenständige psychische Erkrankung gilt.
- Es liegen die Diagnosekriterien einer Depression vor, die unabhängig vom Menstruationszyklus auftritt und typischerweise in Episoden verläuft.
- Zusätzlich zum PMS besteht eine depressive Störung.
An welchem Krankheitsbild Sie leiden, muss letztlich ein Arzt feststellen. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Vor allem eine PMDS wird oft nicht oder erst spät erkannt. Umso wichtiger ist es, sich bei entsprechenden Beschwerden, die belastend sind und den Alltag einschränken, ärztliche Hilfe zu holen.
Behandlung von PMS/PMDS und Depression
PMS/PMDS: Wann genügen Bewegung und Entspannung – und wann braucht es Medikamente?
Steht die Diagnose fest, stellt sich die Frage nach der Behandlung. Sie richtet sich sowohl bei PMS als auch bei Depressionen grundsätzlich danach, wie ausgeprägt die Beschwerden sind und wie die Betroffenen darunter leiden.
Was hilft bei leichteren PMS-Beschwerden?
Bei PMS mit leichten Verstimmungen oder erhöhter Reizbarkeit kurz vor der Periode sind je nach Vorliebe Entspannungsübungen oder auch Sport oft ausreichend.
Was kann man bei stärkerem PMS tun?
Bei stärkeren Beschwerden können hormonelle Mittel eingesetzt werden, die den Zyklus regulieren. Damit lassen sich sowohl körperliche als auch psychische PMS-Symptome lindern. Ähnlich wirken pflanzliche Präparate mit Mönchspfeffer, die Zyklusbeschwerden auf natürliche Weise reduzieren.
Welche Behandlungsoptionen gibt es bei PMDS?
Bei PMDS reichen diese Mittel allein in der Regel nicht aus. Hier helfen Antidepressiva wie die sogenannten Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die das Gleichgewicht bestimmter Botenstoffe im Gehirn wiederherstellen. Sie müssen allerdings im Gegensatz zur Depression unter Umständen nicht dauerhaft eingenommen werden (s. Infokasten).
Lesen Sie mehr dazu hier:
Mit welchen pflanzlichen Wirkstoffen sich PMS-Beschwerden effektiv lindern lassen
Wie wird eine Depression behandelt – und was kann ich selbst tun?
Und damit schließlich zur klassischen Depression: Grundlage der Behandlung ist hier zunächst die Psychotherapie, die bei einer leichten Depression ausreichend sein kann. Mit steigendem Schweregrad werden zusätzlich Antidepressiva eingesetzt. Sie müssen allerdings über einen längeren Zeitraum eingenommen und dürfen nicht zu schnell wieder abgesetzt werden.
Bewegung gegen Stimmungstiefs bei Depressionen
Auch hier gilt: Sie als Betroffene können selbst etwas tun! Entspannung und Stressabbau wirken bei einer Depression begleitend ebenso gut wie bei PMS. Bewegung und Sport können die gedrückte Stimmung heben und das Selbstwertgefühl steigern. Und mit gesunder, ausgewogener Ernährung fühlen wir uns nicht nur körperlich besser, sondern auch psychisch gestärkt.
Ob PMS, PMDS oder Depression – entscheidend ist, dass Sie sich frühzeitig Hilfe holen
Halten wir also fest: Die psychischen Symptome bei PMS und PMDS sind den Kernsymptomen einer Depression (gedrückte Stimmung, Interesselosigkeit, Antriebsminderung) durchaus ähnlich. Die Ausprägung ist bei PMDS und „klassischen“ Depressionen allerdings stärker als bei PMS. Die Beschwerden verlaufen meist in Phasen, wobei sie bei PMS und PMDS monatlich wiederkehren, während sie bei der Depression über längere Episoden anhalten.
Und es gibt noch einen Unterschied zwischen PMS/PMDS und Depressionen: PMS und PMDS sind an die fruchtbare Zeit einer Frau gebunden, können also ab der Menarche (erste Regelblutung) beginnen und hören stets nach der Menopause (letzte Regelblutung) auf. Depressionen können dagegen in jedem Lebensalter auftreten, auch bei Kindern und Jugendlichen. Vor allem aber im höheren Lebensalter sind Depressionen häufig, gerade während und nach den Wechseljahren.
Aber: Egal, ob Sie unter zyklusabhängigen Stimmungsschwankungen im Rahmen eines PMS leiden oder tatsächlich eine Depression haben: Sie sind den belastenden Symptomen nicht machtlos ausgeliefert. Wichtig sind allerdings eine professionelle Diagnostik, Behandlung und langfristige Betreuung.
Wenn Sie an weiteren ausführlichen Informationen zum PMS interessiert sind, erfahren Sie hier mehr:
Das Wichtigste auf einen Blick: PMS, PMDS oder Depression?
Woran erkenne ich, ob meine Beschwerden eher zu PMS, PMDS oder einer Depression passen?
Treten die Symptome regelmäßig vor der Periode auf und verschwinden mit Beginn der Blutung, spricht vieles für PMS oder PMDS. Sind die Beschwerden hingegen anhaltend, zyklusunabhängig und über Wochen oder Monate spürbar, kann eine Depression vorliegen. Entscheidend sind Verlauf, Dauer und Intensität der Symptome.
Tipp: Führen Sie ein Symptomtagebuch. Indem Sie Stimmung, Beschwerden und Zyklustage über mehrere Monate hinweg festhalten, lässt sich oft besser einordnen, ob es sich um ein PMS bzw. PMDS oder um eine Depression handelt.
Was unterscheidet PMS und PMDS?
PMDS ist die schwere Form des PMS – mit stark ausgeprägten psychischen Symptomen wie Reizbarkeit, Wut oder Hoffnungslosigkeit. Sie kann den Alltag massiv beeinträchtigen und gilt als psychische Erkrankung. Beide sind aber klar an den monatlichen Zyklus gebunden und treten nur in der fruchtbaren Lebensphase auf.
PMS + Depression: Kann ich auch an beidem gleichzeitig leiden?
Ja. PMS oder PMDS können zusätzlich zu einer bestehenden Depression auftreten und deren Verlauf verstärken. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Diagnostik besonders wichtig.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
PMS-Beschwerden lassen sich in der Regel mit Bewegung, Entspannungstechniken oder pflanzlichen Präparaten lindern. Bei starker Ausprägung kommen auch hormonhaltige Arzneimittel in Betracht.
Bei PMDS reicht das meist nicht aus – hier kann eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva notwendig sein.
Bei Depressionen bildet die Psychotherapie die zentrale Säule der Behandlung, gegebenenfalls ergänzt durch Antidepressiva. Begleitend unterstützen auch hier Bewegung, gesunde Ernährung und Stressbewältigung die seelische Gesundheit.
Was kann ich selbst tun?
Ganz gleich, ob es sich um PMS, PMDS oder eine Depression handelt: Achten Sie auf regelmäßige Bewegung, reduzieren Sie Stress im Alltag und ernähren Sie sich ausgewogen – das stärkt Körper und Psyche gleichermaßen. Und vor allem: Zögern Sie nicht, sich ärztliche Hilfe zu holen, wenn Ihre Lebensqualität leidet. Eine frühzeitige Diagnose und individuell abgestimmte Behandlung können viel verändern.
Quellen
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Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF): Prämenstruelles Syndrom (PMS) & Prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) [online]. www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/praemenstruelles-syndrom-pms/ [abgerufen am 10.05.2024].
gesundheitsinformation.de: Prämenstruelles Syndrom (PMS) [online]. www.gesundheitsinformation.de/praemenstruelles-syndrom-pms.html [abgerufen am 10.05.2024].
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.2.2022. DOI: 10.6101/AZQ/000505. Neurologen und Psychiater im Netz: Neurologische Ursache für die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) entdeckt. Pressemeldung vom 23.05.2023. www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/neurologische-ursache-fuer-die-praemenstruelle-dysphorische-stoerung-pmds-entdeckt/ [abgerufen am 01.08.2024]